Rennsteig X-treme – mit dem MTB an einem Tag
Den Rennsteig mit dem Mountainbike zu befahren ist sicherlich eines der Highlights außerhalb der Alpen. Von den konditionellen Anforderungen her sind die Strecken durchaus mit Transalp-Etappen vergleichbar. Sie eignen sich darum hervorragend zum Training. Deshalb an dieser Stelle meine Tourberichte.
Zur Befahrung gibt es im wesentlichen drei Varianten:
- Original-Route (hammerhart über 168 km)
- Rennsteig-Radwanderweg (ca. 190 km lang, teilweise keine glückliche Routenführung)
- individuelle Routen in Kombination mit Original-Rennsteig, Rennsteig-Radwanderweg und Rennsteig-MTB-Weg
Je nach verfügbarer Zeit und logistischem Aufwand lassen sich einzelne Abschnitte oder der ganze Rennsteig in voller Länge befahren. Das erfordert aber bei mindestens 170 km und weit über 2500 Höhenmetern eine ausgezeichnete Kondition und gutes Wetter. In weiten Streckenabschnitten verläuft der Rennsteig als Kammstraße, die von Autos befahren ist. Meist ist ein parallel verlaufender Wanderweg vorhanden, den man je nach Lust, Laune und Kraftreserven nutzen kann. Von welcher Seite man beginnt, ob in Blankenstein oder in Hörschel, ist Geschmackssache und hängt in erster Linie davon ab, wie man den Hin- bzw. Rücktransfer bewerkstelligen kann. Von Hörschel aus muss man ca. 300 Höhenmeter mehr einkalkulieren.
Als Wanderweg ist der Rennsteig schon lange bekannt und erfreut sich eines Rufs weit über Thüringen hinaus. Seit der deutschen Einheit ist er wieder durchgängig befahrbar und wird zunehmend auch von der radfahrenden Zunft entdeckt.
Von der Ausrüstung her ist natürlich das Fahrrad das Wichtigste.
- Ein guter Fahrradhelm ist ebenfalls von Bedeutung.
- Ebenfalls wichtig ist eine gute Fahrradhose (mit Polsterungen an den richtigen Stellen).
- Wer mit leichtem Gepäck fährt, kann einen kleinen Rucksack aufsetzen, wobei es sich ohne Rucksack natürlich angenehmer fährt.
- Wichtig ist die Trinkflasche direkt am Fahrrad oder eine Trinkblase im Rucksack, damit man beim Fahren trinken kann und nicht anhalten muss.
- Fahrradhandschuhe sind ebenfalls wichtig, weil sie die Griffigkeit erhöhen. Man sollte sie vor der Tour ausprobieren und schauen, ob man das Gefühl an den Händen mag.
Seit dem 26. Juni 2004 habe ich die Rennsteigtour an einem Tag nun in beiden Richtungen absolviert. Von Hörschel nach Blankenstein sind mehr als 3000 Höhenmeter zu bewältigen. Trotzdem ist es mir beim zweiten Mal leichter gefallen, obwohl ich im Vorfeld schon ein wenig Fracksausen hatte. Sicher lag es auch daran, weil mein Körper schon wusste, was ihn erwartet.
Strecke
2005 | 2004 | 2003 | |
Strecke | Blankenstein – Hörschel | Hörschel – Blankenstein (siehe auch Roadbook 2004) | Blankenstein – Hörschel (siehe auch Roadbook 2003) |
Länge | 169,4 km | 170,1 km | 173,8 km |
Höhenmeter | bergauf: 2574 hm bergab: 2774 hm | bergauf: 3031 hm bergab: 2804 (siehe auch Höhenprofil 2004) | bergauf: 2701 hm bergab: 2918 hm (siehe auch Höhenprofil 2003) |
Termin | 25. Juni 2005 | 26. Juni 2004 | 21. Juni 2003 |
reine Fahrzeit | 9:25:59 h | 9:38:00 h | 9:39:00 h |
Teilnehmer | 12: davon 11 Finisher Frank Dörr Dietmar Orgas Tilo Geyer Torsten Sczarnowski Susan Oehring Hermann Freimarck Karsten Wittke Jürgen Rist Jens Wunderlich Andreas Albrecht Rainer Oehring (bis Inselsberg) Udo Lips | 10: alles Finisher Frank Meng Bernd Fischer Olaf Goetsch Jörg Wagner Christian Liebl Andreas Albrecht Reiner Drösler Michael Voelker Gerald Vogel Udo Lips Rainer Oehring | 4 Andreas Albrecht, Gotha Rainer Oering, Tabarz Bastian Trautmann , Bufleben Udo Lips, Waltershausen |
Tourplanung/-führung: Udo Lips, Waltershausen
Service-Team: Begleitfahrzeug für Verpflegung und aufmunternde Worte zur Verfügung gestellt von Fahrrad-Seyfarth (jetzt Das Radhaus Seyfarth) in Waltershausen. Vielen Dank!
Organisation: www.rennsteig-tour.com
Die Tour 2003
Schon lange hatte ich den Plan, den Rennsteig an einem Tag mit dem Mountainbike zu bewältigen. In seiner ganzen Länge kannte ich ihn bereits. Einzelne Abschnitte bin ich in den letzten Jahren immer wieder gefahren. Ich wusste, was einen so erwartet: Wurzelpisten, Single-Trails vom feinsten rauf und runter und zwischendurch zur Abwechslung und Entspannung gut gepflegte Wanderautobahnen. Per Zufall bin ich im Internet auf das Team um Udo Lips und Rennsteig-Tour.de gestoßen. Sie bieten seit einigen Jahren verschiedene Rennsteig-Events an. Am 21. Juni 2003 war Rennsteig-Extrem ausgeschrieben. Transfer von Waltershausen nach Blankenstein mit Auto, Begleitfahrzeug für Verpflegung und Rücktransfer nach Waltershausen und das alles zum Selbstkostenpreis. Mein Entschluss war gefasst, ich mache mit.
Um 3.45 Uhr trafen wir uns in Waltershausen am Bahnhof. Kurz nach vier ging auf der Autobahn über das Hermsdorfer Kreuz nach Blankenstein an der Saale, wo der Rennsteig beginnt oder endet. Genau 6.03 Uhr saßen wir auf den Rädern. Traditionsgemäß nahmen wir einen kleinen Stein mit, der am anderen Ende in die Werra befördert werden sollte. Natürlich nur von denen, die den Rennsteig in voller Länge bezwungen haben. So ganz sicher war ich mir nicht, ob ich es schaffen würde. Durch meine Alpentouren bin ich zwar Härte gewöhnt was Höhenmeter angeht, aber in den Alpen gibt es die Höhenmeter am Stück. Sehr anstrengend ist das ständige Auf und Ab (siehe Höhenprofil), das man am Rennsteig vorfindet und das es schwer macht, einen vernünftigen Rhythmus zu entwickeln. Also erst mal ganz sachte losfahren. Die Sonne lacht vom Himmel. Die Sicht ist klar, aber es ist lausig kalt. Im Verlaufe des Tages kommt zunehmender Wind aus Westen auf, also meist von vorn. Trotzdem sind die Bedingungen gut. Die Wege sind trocken. Das macht die vielen Wurzelpassagen einfacher. Eine erste Verpflegungsrast wird in Brennersgrün nach gut 20 km eingelegt. Katja und Tobias haben belegte Brote und Brötchen vorbereitet. Energieriegel gibt es in vielen Varianten, dazu Kaffee, Tee oder Mineralwasser. Es ist angenehm, sich darum nicht kümmern zu müssen.
Im weiteren Tagesverlauf vereinbaren wir jeweils Treffpunkte, an denen das Begleitfahrzeug auf uns wartet. Wir legen aber nur kurze Pausen ein, damit die Muskeln nicht hart werden. Wir liegen gut in der Zeit. Beim kurzen Stop in Masserberg sind wir sicher, dass wir es heute schaffen werden. Ich wechsle nun öfter auf die Straße, um Kräfte zu schonen. Udo, Rainer und Bastian fahren zu großen Teilen den Wander-Rennsteig. In Oberhof am Grenzadler essen wir etwas Warmes. Bis zum Heuberg folgt nun eines der schönsten Stücke des Rennsteiges, den man hier komplett befahren sollte. Es gibt zwar die Variante des Rennsteig-Radweges, den haben aber offensichtlich Touristiker und keine Radfahrer konzipiert. Kurz vor dem Nesselberg geht an meinen Bike der Umwerfer kaputt. Ich kann nur das mittlere Kettenblatt nutzen. Rauf- und runterschalten klappt nicht mehr. Am extrem steilen Fußweg (30 % Steigung) zum Gr. Inselsberg muss ich deshalb ein Stück schieben. Bei den bis Hörschel folgenden immer wieder giftigen kleinen Anstiegen beiße ich die Zähne zusammen und schaffe es schließlich bis zum Ende des Rennsteiges in Hörschel. Die Beine sind o.k., nur der Rücken ist ein wenig angeschlagen. Wir werfen die Steine in die Werra und sind glücklich, gut und vor allem erstaunlich zeitig angekommen zu sein. Mit Bier bzw. Radler wird auf den Erfolg angestoßen. Wir wärmen uns noch ein wenig in der Sonne, dann werden die Räder verstaut und ab geht es nach Waltershausen, wo wir vor 15 Stunden gestartet waren.
Die Tour 2004
2004 wollte ich es wieder wissen. Zum einen aus Trainingsgründen, weil es eine optimale Vorbereitung für die diesjährigen Transalps ist, zum anderen, weil Reiner, Olaf und Christian, die mit mir schon Ostern am Gardasee Touren gefahren sind, mit dabei waren. Mit den äußeren Bedingungen hatten wir unwahrscheinliches Glück. Seit Wochen war schlechtes Wetter gewesen, kalt und nass. Kein Vergleich mit dem Supersommer von 2003. Der 26. Juni 2004 war der erste Samstag seit langem, der gute Bedingungen bot. Die Sonne schien, es war zwar nicht übermäßig warm, der Rennsteig aber zu weiten Teilen trocken. Fast ein „Kinderspiel“, könnte man meinen. Treff war diesmal 5.00 Uhr in Waltershausen. Die Räder wurden auf einem Anhänger verladen und los ging es die kurze Strecke bis zum Start in Hörschel. Bitterkalt war es zwar, aber die Morgensonne tauchte die Landschaft in ein märchenhaftes Licht. Beim ersten Anstieg nach ein paar hundert Metern war allen bald warm. Die Gruppe zog sich trotz flotter Fahrt bis zur ersten Rast am Inselsberg kaum auseinander. Ein erstaunlich hohes Leistungsniveau zeigte sich hier schon.
Bis Oberhof war bei ca. 65 km Strecke schon gut die Hälfte der mehr als 3000 Höhenmeter absolviert. Die fehlenden 100 km würden wir auch schaffen. Udo führte die Gruppe komplett über den Original-Rennsteig. Ich bin da eher der Typ Weichei, der gern mal die parallel verlaufende Straße zum leichten Rollen nutzt.
Kurz vor Masserberg gab es den einzigen Sturz. Reiner rutschte bei geringer Geschwindigkeit weg und schürfte sich das Bein auf. Auch die Hand hatte etwas abbekommen. Er wollte aber unbedingt ankommen. Das war für mich ein willkommener Anlass, mit ihm und noch einem Mitstreiter ab Masserberg eine etwas entschärfte Variante zu fahren, die nicht so viele Wurzelpisten beinhaltete. Die Männer um Udo Lips haben das harte Programm durchgezogen und dabei weit über 3000 Höhenmeter zurückgelegt – Respekt! Bei der letzten Rast an der kalten Küche schloss sich Olaf unserer Teilgruppe an, weil ihn die Wurzeln mürbe gemacht hatten. Kurz vor dem Ziel in Blankenstein vereinten wir uns natürlich wieder. Das wichtigste war für alle das gemeinsame Ankommen. Diese Rennsteig X-trem-Tour ist schließlich kein Marathonrennen, wo es um Platz und Sieg geht, sondern wo allein das Ankommen zählt. Das haben alle geschafft. Alle konnten den traditionellen Stein, den sie sich in Hörschel in die Trikottasche gesteckt hatten, ins Wasser der Saale werfen. Danach schmeckte die Thüringer Bratwurst besonders gut.
Die Tour 2005
„Aller guten Dinge sind drei“, sagte ich zu mir, als ich am Samstagabend des 25. Juni 2005 gegen 18.45 Uhr den Stein in die Werra bei Hörschel warf. Vor gut zwölf Stunden hatte ich aus der Saale bei Blankenstein gefischt. Ich schwor mir: „Im nächsten Jahr tust du dir das bestimmt nicht noch mal an!“ 170 km auf dem Mountainbike und reichlich 2500 Höhenmeter lagen hinter mir, gefahren auf dem Rennsteig bei starker Hitze, oft böigem Gegenwind und einem kräftigem Gewitterguss, der uns kurz nach dem Inselsberg zu einer Regenpause, aber nicht zum Aufgeben zwang. Ein paar Tage später sind die Strapazen vergessen.
Der Rennsteig X-treme hat das Zeug zum Kultevent. Es ist eine lange anspruchsvolle Strecke, die fast komplett abseits der Straßen durch die Wälder Thüringens und kleiner Teile Bayerns führt. Dabei sind jede Menge Höhenmeter durch die vielen Anstiege zu überwinden, die von kniffligen Abfahrten auf Wurzeltrails abgelöst werden. Dazu kommt der historische Hintergrund. Sechs Mal überquert der klassische Rennsteig die ehemalige innerdeutsche Grenze mit dem Todesstreifen, der nach und nach von der Vegetation überwuchert wird. Udo hat sich extra einen Stempel anfertigen lassen, mit dem er beim ersten Passieren der Grenze einen Sichtvermerk in den Reisepass von Dietmar aus Leipzig anbringt. Die Farbe durfte dieser sich sogar aussuchen, da Udo gleich mit mehreren Stempelkissen ausgerüstet war. Gut möglich, dass das Abstempeln von Pässen bei weiteren Mountainbike-Marathons fortgesetzt und zur liebgewordenen Tradition wird. Die Hingabe mit der Udo die Veranstaltung organisiert macht ihren Charme aus und begeistert die anderen Teilnehmer und mich. Das spricht sich rum. Das Teilnehmerfeld ist von vier Mountainbikern im Jahr 2003 auf zwölf im Jahr 2005 angewachsen. Damit ist fast das personelle Limit erreicht, das dieser längste Mountainbike-Marathon Deutschlands ohne größere organisatorische Probleme verkraften kann. So wird es wohl in den nächsten Jahren wohl heißen: Nicht anmelden, sondern bewerben und das rechtzeitig.
Dietmar hat ebenfalls einen Bericht geschrieben, ihr findet ihn hier.
Fazit
Perfekt organisiert durch das Team um Udo Lips wurde die Befahrung des Rennsteiges an einem Tag für mich zu einem beeindruckendem Erlebnis. Der Obulus für die Selbstkosten war eher symbolischer Natur. Ich kann allen mit gutem Gewissen raten, die den Rennsteig an einem Tag mit dem Mountainbike befahren und sich den eigenen Organisationsaufwand sparen wollen, sich an das Team von www.rennsteig-tour.com zu wenden. Sie haben die Logistik im Griff, es läuft professionell ab. Die Atmosphäre ist persönlich und herzlich, so dass man sich voll und ganz auf die eigene Leistung konzentrieren kann. Orientierungsprobleme gibt es kaum, der Rennsteig ist fast überall sehr gut markiert. Eine Karte dabei zu haben, kann trotzdem nicht schaden. Konflikte mit Wanderen hatten wir nicht. Es empfiehlt sich immer, sich rechtzeitig bemerkbar zu machen und als erster freundlich zu grüßen. Dabei fällt keinem Mountainbiker ein Zacken aus der Krone.
Hinweis: Udo Lips musste sich inzwischen wegen gesundheitlicher Probleme aus der Organisation ausklinken. Danke für deinen Einsatz.