Tourbericht
Eine kluge Frau folgt ihrem Mann, wohin sie will.
Prolog
Wenn man den Namen Sissi hört, denken die meisten wahrscheinlich an das süßlich-verkitschte Bild von Kaiserin Elisabeth, das durch die Filmtrilogie aus den 1950er Jahren geprägt wurde. Beschäftigt man sich jedoch etwas näher mit ihrer Biografie wird schnell klar, dass das junge unbeschwerte Mädchen durch die Heirat mit Kaiser Franz Joseph von Österreich in eine Rolle am Wiener kaiserlichen Hof gedrängt wurde, die sie nicht annehmen konnte und wollte.
Als Tochter des bayerischen Herzogs Max Joseph wuchs sie in München in einer liebevollen und eher bodenständigen Atmosphäre auf. Ihre Eltern hatten keine Verpflichtungen am bayerischen Königshof. In den Sommermonaten residierte die Familie in Possenhofen am Starnberger See, wo sie wohl viele unbeschwerte Zeiten erlebt haben dürfte.
Es muss auf Sissi geradezu wie ein Kulturschock gewirkt haben, als ihr mit der Heirat im Alter von gerade einmal sechzehn Jahren plötzlich die Würde und Bürde einer Kaiserin der österreichischen Monarchie auf die zarten Schultern gestülpt wurde. Dem damit verbundenen Zwang hat sie sich auf ihre Art entzogen, indem sie unter anderem einen Schlankheit- und Schönheitskult für sich auslebte. Damit hat sie sich nebenbei zur ersten Stil-Ikone der Neuzeit entwickelt, die weltweite Ausstrahlung erzeugte. Gleichzeitig lebte sie auf ihren vielen Reisen ihren Freiheitsdrang aus, der zeitlebens ungebändigt blieb. Oftmals soll ihr kaiserlicher Gemahl erst aus der Zeitung erfahren haben, wo sie sich gerade eben aufhielt. Gepaart war das alles mit ihrer Bereitschaft und Fähigkeit, körperliche und sportliche Höchstleistungen zu vollbringen. Das zeigte sich zum Beispiel in stundenlangen Gewaltmärschen und ihren überragenden Leistungen als Springreiterin.
Heutzutage wird Wanderreiten über die Alpen immer populärer. Man kann nun trefflich darüber spekulieren, ob diese Idee auch bei Sissi Anklang gefunden haben könnte - wenn es denn die Transalp-Bewegung damals schon gegeben hätte. Wie dem auch sei, interessant war es für mich allemal, die Route zu erkunden. Mir schwebte vor, die geografischen Eckpunkte miteinander zu verbinden. Das ging im Kopf recht schnell. Der Auftakt München - Starnberger See war klar. Der erste alpine Aufgalopp musste über den Fernpass erfolgen, denn im Schloss Fernstein soll der Legende nach der legendäre König Ludwig II. von Bayern eine Bleibe gehabt haben. In mondhellen Winternächten soll er von Schloss Neuschwanstein aus in einem Pferdeschlitten des Öfteren dorthin gefahren sein.
Ludwig II. war ein Cousin von Sissi. Sie waren beide in einer Art Seelenverwandtschaft miteinander verbunden. Also passt diese Route. Dadurch war auch eine weitere Strecke über den Reschen nach Meran gesetzt, dem nächsten logischen Etappenort. In Meran logierte sie viele Male und machte den beschaulichen Kurort der damaligen Zeit zum Nabel der mondänen Welt. Der Weg dorthin verläuft im Wesentlichen auf der Via Claudia durch das Inntal ins Vinschgau. Dort befindet sich ein Botanischer Garten, der zu den schönsten Gärten seiner Art in ganz Europa zählt. Für Sissi war dieser Ort von großer Bedeutung, denn inmitten des Gartens liegt Schloss Trauttmansdorff, ihr ehemaliger Kurort. Meran war nun also fest eingeplant.
Fehlte nur noch das Ziel dieser Transalp.
Da ergeben sich mögliche Endpunkte aus einer Reise, die das junge Kaiserpaar im Herbst 1856 unternahm. Das war eine Rundreise durch das damals noch unter österreichischer Herrschaft stehende Venetien und die Lombardei. Die grobe Route führte von Triest über Venedig, Vicenza nach Verona und weiter über Brescia nach Mailand. Der Empfang in der heutigen Mode- und Kulturstadt Mailand, soll sehr eisig gewesen sein. - Ausdruck der Spannungen im Reich, die bald darauf zum Verlust eines großen Teils dieser Gebiete führen sollte.
Da wir unsere Tour in ungefähr einer Woche absolvieren wollen, rückte Verona als Ziel in unser Blickfeld. Im Osten von Verona gab es im äußeren Festungsgürtel auch ein Werk "Kaiserin Elisabeth", von dem leider keine Reste mehr vorhanden sind. Gewiss hat sich das kaiserliche Paar die Arena angesehen. Das ist natürlich ein absolutes Highlight, sich nach vollendeter Alpenüberquerung noch eine Vorstellung in der Arena anzusehen. Damit hatten Simi und ich bei unserer Mini-Transalp Brenner - Verona schon gute Erfahrungen gemacht. Wir waren in "Carmen".
Große Teile der Strecke waren mir bekannt und ich machte mich auf die Streckenrecherche. Zunächst allein, denn eins war mir klar, Erstbefahrungen wollte ich nicht mit Simi machen. Vielmehr will ich ihr eine runde und ausgewogene Strecke präsentieren, die unseren Ansprüchen an eine perfekte, gemeinsame Transalp entspricht. Nicht zu schwer, in einer Woche machbar und landschaftlich natürlich ein Hingucker. Dabei ist diese Transalp herausgekommen. Wie es sich gefügt hat, sind wir die Strecke in zwei Teilen gefahren. Siehe auch die Hinweise im Fazit.
Anreise nach München
Um alles so stressfrei wie möglich zu gestalten, sind wir einen Tag zuvor nach München mit dem Auto angereist. Durch eine geschenkte Smartbox sind wir auf das Hotel "Stadt Pasing" in München-Pasing aufmerksam geworden. Wir haben flugs telefonisch reserviert. Es war ein Volltreffer: ruhig gelegen, tolles Frühstück, das Auto kann dort parken.
Am Nachmittag sind wir noch mit dem Tandem in Richtung München Innenstadt gefahren. Fast komplett auf Radwegen vorbei an der Theresienwiese zum Marienplatz und Englischen Garten - eine schöne Einstimmung.
Übernachtungstipp München
Hotel Stadt Pasing (Garni): 81241 München-Pasing, Blumenauer Straße 131, Tel: +49 (089) 82 92 95-0, www.hotelstadtpasing.de, sehr gutes Frühstück, Parken möglich auch in Tiefgarage.
Abendessen im gegenüberliegenden Wirtshaus Franzz (www.franzz.com). Im schattigen Biergarten hat es gemundet, die Portionen waren fast schon zu groß.
Klappentext Transalp Roadbook 12
Diese Transalp hat Andreas Albrecht nach dem Motto seiner Easy-Transalps entwickelt: landschaftlich schöne, aber fahrtechnisch leichte Routen über die Alpen, die er gemeinsam mit seiner Frau auf einem Mountainbike-Tandem befährt. Der rote Faden der Streckenführung sind Lebensstationen von Sissi, der Kaiserin Elisabeth von Österreich. Nach dem Start in München führt die Reise über den Starnberger See und den Fernpass ins Inntal. Weiter geht es über den Reschenpass nach Meran. Die Südtiroler Stadt mit dem mediterranem Flair verdankt Sissi ihren Aufstieg in die erste Liga der europäischen Kurorte. Die Transalp endet in Verona. Dort wartet zum Abschluss als kultureller Höhepunkt der Besuch einer Opernaufführung in der Arena von Verona.
Das Buch enthält Höhenprofile, Übersichtskarten und detaillierte Roadbooks in Tabellenform mit allen wichtigen Informationen zur Strecke.
Ebenfalls erhältlich als eBook - mehr Info hier